Kieselsteinchristen? Was ist das denn
nun schon wieder? Das ist das Schlagwort, das mir vor fast 10 Jahren in den Sinn kam, als wir das Flachdach unseres Gemeindehauses von Kieselsteinen
befreiten. Die Hauptarbeit war bereits 3 Wochen vorher erledigt worden – so
dachten wir. Es waren nur noch wenige qm Kies, die entfernt werden mussten.
Aber die hatten es in sich!
Über 20 Jahre
lang hatten diese Kieselsteine auf dem Dach verbracht. Immer an derselben
Stelle. Sie hatten Sonne und Sturm gemeistert und sich nicht vom Fleck bewegt.
Immer, wenn die Teerpappe unter ihnen durch die brütende Sommerhitze
aufgeweicht wurde, drückte das Gewicht der Kieselschicht die untersten Kiesel
tiefer in die Dachpappe hinein. Dazu kamen über 20 Jahre Staub, der auf
und um die Kiesel fiel und mit dem nächsten Regen in die Ritzen gespült wurde.
Und so wurden nicht nur einzelne Steine, sondern ganze Kieselflächen tief in
Teerpappe und Staubschicht einzementiert. Und das musste jetzt weg.
Es war harte
Arbeit, Muskelarbeit, Knochenarbeit, aber wir haben es geschafft. Manche Steine
waren so fest in Dreck und Teer verankert, dass sie durch die Schaufeln
förmlich durchgeschnitten wurden. Die Hälfte kam weg, die Hälfte blieb. Und
während wir uns mühten, kam mir der unübersehbare Vergleich zu
Kieselsteinchristen.
Kieselsteinchristen
sind oft schon lange am selben Ort. Sie haben Stürme und Hitze gemeistert, sind
unbeweglich geblieben und sind stolz darauf. Aber besser wäre es für sie
gewesen, wenn der Wind, der weht, wo Er will, sie ein bisschen hin und her
geweht hätte. Dann wären sie jetzt nicht so tief gesunken, hinein in den Teer
der Unbeweglichkeit, in die Klebrigkeit der Gesetzlichkeit oder in Steifheit
aus Angst vor Veränderung. Ja, hätten sie den Wind, der weht, wo Er will, an
sich ran kommen lassen, dann hätte der Staub der Tradition und das grüne Moos
der Selbstzufriedenheit sie nicht so leicht mit ihrem Schleier überziehen
können. So aber ähneln sie auffallend den Kieselsteinen auf unserem
Gemeindedach.
Ach, wie
störrisch diese Steine waren; wie sie uns das Leben und die Arbeit erschwert
haben. Hätten sie den Wind, der weht, wo Er will, mal über sie hinweg und auf
sie herab blasen lassen, dann wären sie kooperativ gewesen, was die Arbeit am
Hause des Herrn anging. So aber waren sie Hindernisse, die das Werk am Haus des
Herrn verlangsamten, unnötige Kräfte kosteten und Frust und Blasen
hervorriefen.
Viele Steine
ließen sich irgendwie, mit viel Arbeit, Zeit und Mühe entfernen aus dem
klebrigen Grund, in dem sie gefangen waren. Andere zerbrachen, weil sie
festhalten wollten, was nicht mehr für sie gedacht war.
Die Kieselsteine
haben zu mir gesprochen. Ich möchte NICHT werden, wie sie. Ich möchte nicht
festkleben, weder im Teer der Gesetzlichkeit noch in einer Ansammlung von unnötigen
Traditionen. Ich möchte auch nicht dulden, dass eine Staubschicht von
Gleichgültigkeit oder Schläfrigkeit sich auf mich legt. Viel lieber will ich
Ausschau halten und mich ausstrecken nach dem immer wiederkehrenden Wind, der
weht, wo Er will, und der Erfrischung und Leben bringt. Es ist der Wind, der
mich bewegt, manchmal etwas durchrüttelt und die neue Staubschicht immer wieder
mal wegbläst. Außerdem verhindert dieser Wind, dass ich irgendwo festklebe oder
unbeweglich werde, „weil es immer schon so war“.
“Der Wind weht,
wo er will, und du hörst sein Sausen;
aber du weißt nicht, woher er kommt und wohin er
geht.
So ist jeder, der aus
dem Geist geboren ist.“
(Johannes
3:8)
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