Zum einen der
Eifer der Jugend, zum anderen die fehlende Weisheit des Alters und sicher noch
einige Gründe mehr hatten meinen Horizont eingeschränkt wie die Scheuklappen den
Blick eines Pferdes einschränken. Mittlerweile hat Gott mir ein weiteres Herz
geschenkt als ich es vor einigen Jahrzehnten noch hatte. Nein, ich bin keinen
Deut weniger bibeltreu als damals. Mein Glaube ist nicht liberaler geworden und
meine Liebe zu Jesus und Seinem Wort ist gewachsen, nicht geschrumpft. Aber
mein Herz für Gottes Blumenbeet ist weiter geworden.Gott sei's gedankt!
Während der Bibelschulzeit war es unser Theologielehrer,
der immer wieder darauf hinwies, dass „in
Gottes Garten viele Blümchen wachsen!“ Damit wollte er uns Studenten
vermitteln, dass es außer unserer Denomination, unserem christlichen
Hintergrund auch wiedergeborene Christen gibt, die hier und da anders denken
und ihren Glauben ausleben.
Das ist für viele schwer zu begreifen. „Wer nicht in allem genauso glaubt wie wir, genauso singt wie wir, die
Gemeinde nicht genauso leitet wie wir, und in der Theologie unsere Meinung
teilt, der ist suspekt!“ – so scheinen es viele zu halten. Wie die Jünger des Johannes um "ihre Gruppe" besorgt waren und zu ihrem Lehrer sagten: "Meister, der bei dir war
jenseits des Jordans, von dem du Zeugnis gegeben hast, siehe, der tauft, und jedermann kommt zu ihm." (Johannes 3:26), so sind viele Christen heute besorgt: „Wenn meine Denomination noch nicht in einer
Stadt vertreten ist, fehlt der wahre Glauben, durch den Gott am Besten wirken
kann.“ Diese Einstellung ist nicht auf nur eine der vielen
christlichen Konfessionen beschränkt. Diese Einstellung findet sich bei (fast)
allen Konfessionen im christlichen Bereich. Im asiatischen Ausland haben wir in
einer Stadt gelebt, in der es sicher um die 10 Baptistengemeinden
gab. Alle gehörten ihrer eigenen Denomination an. Dazu kamen dann die
Methodisten, die eher protestantisch geprägten Kirchen und weitere Freikirchen.Was würde Jesus wohl zu jemandem sagen, der mit der Einstellung kommt: "Aber meine Gruppe ist noch nicht vertreten"? Vielleicht würde Er sagen: "Wer nicht gegen uns ist, der ist für uns. Ich habe ein großes Volk in dieser Stadt!" (Mk 9:40; Apg 18:10)
Jeden Sommer staune ich neu über die Blumenvielfalt, mit
denen Gott uns allein in den verschiedenen Regionen Deutschlands beschenkt.
Gott liebt Vielfalt, und mittlerweile glaube ich, dass es
Ihm gar nicht so viel ausmacht, wenn auch in Seinem persönlichen Garten
eine Vielfalt an Gemeinden herrscht. Ganz gewiss werden manche Gemeinden in meinem
Heimatort durch ihre spezielle Farbe und ihren Duft Menschen anziehen, die
unsere Gemeinde nie erreichen würde. Andererseits werden sich einige bei uns wohlfühlen,
die woanders nur schwer Anschluss finden würden.
Jesus sagt in Johannes 10:16: Und ich habe noch andere Schafe, die sind nicht aus diesem Stall; auch
sie muss ich herführen, und sie werden meine Stimme hören, und es wird eine
Herde und ein Hirte werden.
Ganz früh in der Kirchengeschichte mussten verschiedene
Blümchen in Gottes Garten lernen, einander zu lieben und zu akzeptieren. Juden
und Heiden waren aus unterschiedlichem Holz geschnitzt. Ihr religiöser
Hintergrund war unterschiedlich – daher auch theologische Auslegungen. Aber
auch ihre Musik, ihre Kleidung und ihre kulturellen Gepflogenheiten werden
unterschiedlich gewesen sein. Was erwartet Jesus nun von Jesusjüngern, die so
unterschiedlich sind? Dass sie zweigleisig fahren? Dass sie – wenn auch mit Kälte –
„einander stehen lassen.“ Dass sie einander behandeln wie Arbeitskollegen im
selben Betrieb, jeder aber in einer anderen Abteilung? NEIN!
Jesus sagt
Ein neues Gebot gebe ich euch,
dass ihr einander lieben sollt,
damit, wie ich euch geliebt habe,
auch ihr einander liebt.
Daran wird jedermann erkennen,
dass ihr meine Jünger seid,
wenn ihr Liebe untereinander habt.
(Joh 13:34+35)
Dazu reicht es keineswegs, zu behaupten, dass wir unsere
Glaubensgeschwister (aus anderer Denomination) lieben, denn Johannes schreibt
in 1. Johannes 3:18:
„Meine Kinder, lasst uns nicht mit Worten lieben noch mit der Zunge,
sondern in Tat und Wahrheit!“
Worte sind in Gottes Augen nicht genug, um die Liebe, die Er
uns für unsere Geschwister ins Herz gegeben hat (Römer 5:5) auszudrücken. Es
bedarf der Tat und der Aufrichtigkeit.
Darum, im Angesicht der Tatsache, dass in Gottes Garten so
viele Blümchen Gottes wachsen, alle mit anderem Duft, anderer Farbe und anderem
Aussehen …
Und im Angesicht der Tatsache, dass die Anderen für Gott
alle genauso viel wert sind wie wir und dass Er sie genauso gebrauchen möchte,
wie uns …
Und im Angesicht der Tatsache, dass die Anderen in ihren
Herzen vielleicht viel näher am Herzen Jesu sind als ich …
Im Angesicht dieser Tatsachen …
Geliebte, lasst uns
einander lieben! Denn
die Liebe ist aus Gott,
und jeder, der liebt, ist aus Gott geboren und erkennt Gott.
Lasst uns lieben, denn er hat uns zuerst geliebt.
(1. Johannes 4:7+19)
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