„Herr, ich bitte nicht, dass du mir deine Absicht zeigst, sondern nur, dass du meine Schritte lenkst.“ (David Wilkerson)

Montag, 5. Dezember 2016

Unerreichtes Ostdeutschland?

Auf einer Predigt CD hörte ich kürzlich die Festpredigt eines bekannten Pastors. Eine mutmachende, herausfordernde Predigt der Extraklasse. Ich bin überzeugt, dass seine Worte vielen zum großen Segen geworden sind und auch noch werden.

Allein eine Aussage muss ich korrigieren. In seiner Predigt sagte der Pastor, dass Ostdeutschland eins der vom Evangelium unerreichtesten Gebiete der Welt ist. Diese Aussage ist schlichtweg falsch – oder der missiologische Begriff „unerreicht“ ist missverstanden und dadurch irreführend gebraucht.

Tatsache ist, dass der christliche Glaube in den ostdeutschen Bundesländer sogar vor der Maueröffnung präsent und lebbar war, wenn auch mit Nachteilen und unter Druck. Nach der Maueröffnung war (und ist) der Osten weit atheistischer geprägt als die alten Bundesländer im Westen. Aber unerreicht?  Richtig ist, dass die Menschen im Osten Deutschlands weit weniger Informationen über den christlichen Glauben besitzen als im Rest Deutschlands. „Unerreicht“ im missiologischen Sinn bedeutet aber nicht nur, dass viele Menschen in einem Gebiet noch nicht den Weg des Heils durch Jesus gehört haben. „Unerreicht“ bedeutet, dass es in einer „unerreichten“ Volksgruppe so wenig wiedergeborene Christen und so wenige Ressourcen in ihrer eigenen Kultur gibt, dass sie (missionarische) Hilfe von außerhalb benötigen.

Die ostdeutschen Gebiete qualifizieren sich aus verschiedenen Gründen nicht als „eins der unerreichtesten Gebiete der Welt“, bei aller tatsächlichen geistlichen Not dort. In allen (zumindest) größeren Städten und vielen kleinen gibt es Gemeinden, in denen Jesus gepredigt wird. In jedem Buchhandel können Bibeln bestellt werden. Christliche Radio- und Fernsehprogramme werden in der deutschen Sprache ausgestrahlt und jeder – JEDER – Deutsche irgendwo in Deutschland, Ost oder West, kann ohne Probleme mit Christen, Gemeinden oder Werken in Verbindung kommen. Jeder in Deutschland hat leichten Zugang zu reichhaltigen Informationen über den Weg des Heils in seiner Sprache – und sogar Seinem Dialekt.

Dem gegenüber stehen über 6700 Volksgruppen, die im oben erwähnten Sinn als „unerreicht“ gelten. In vielen dieser Gruppen gibt es 0% (Null Prozent) wiedergeborene Christen. An christliche Literatur zu kommen ist oft nahezu unmöglich. Radio oder Fernsehsendungen gibt es entweder nicht oder sind nicht in ihrer Muttersprache. Oft ist es lebensgefährlich, sich überhaupt über Jesus zu informieren oder eine Bibel zu besitzen. Vielfach ist der Name „Jesus“ unbekannt – nicht nur die Person, sondern der Name an sich. Nie gehört! Gemeinden sind weit weg und nicht zu erreichen. Für die meisten dieser Völker beten zumindest irgendwo auf der Welt Menschen namentlich dafür, dass sie erreicht werden. Aber 1371 Volksgruppen sind nicht mal fürs Gebet adoptiert. Ohne eine einzige Gemeinde, ohne einen einzigen Missionar, ohne einen einzigen (bekannten) Gläubigen, ohne Literatur oder Ressourcen, ohne jemanden, der für diese Völker namentlich betet. Das bedeutet „unerreicht!“ Da tut sich nichts, absolut nichts, wenn Christen nicht beginnen zu beten, zu senden, zu geben, zu gehen, zu übersetzen und dergleichen. Da gehen Menschen tagtäglich verloren – hinein in eine Christus-lose Ewigkeit – ohne je vom Weg des Heils gehört zu haben. Für diese 6700 Volksgruppen bedeutet „unerreicht“ schon etwas anderes als für uns, die wir hier in Deutschland leben, mitten in aller Freiheit, uns zu informieren – wenn wir es nur wollen.

Niemand verstehe mich falsch!!! Das Leben eines Deutschen, dem noch niemand das Evangelium verkündigt hat, ist für Gott ebenso wertvoll wie das Leben eines Hindu, Moslem oder Atheisten, der nie eine Möglichkeit hatte, von Ihm zu hören. Jesus ist für den einen - genauso und nicht weniger, als für den anderen - gestorben und auferstanden. Nur der eine kann etwas tun, um von Jesus zu hören, der andere kann’s nicht. Der eine hat einen Nachbarn (DICH!), der nur gehorsam sein muss und das Evangelium in der Nachbarschaft weitergeben muss. Der andere hat keinen christlichen Nachbarn im Umkreis von hunderten von Kilometern.

Die Verlorenheit der Menschen ist dieselbe. Ihre Möglichkeiten sind unterschiedlich. Während wir hier treu für Jesus leuchten und Ihn im Alltag bezeugen, sollten wir die geistlichen Notstandsgebiete der Welt, die geistlichen Katastrophengebiete nicht übersehen und alles dransetzen, Helfer zu senden, die ihnen Gottes Licht und Heilung bringen.

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