„Mara geht in die
erste Klasse unserer christlichen Schule. Sie und ihre sunnitische Familie sind
Flüchtlinge aus Syrien. Ihre Mutter S. hat auf der Flucht ein Kind verloren. Bombeneinschläge,
Terror, alles hat die kleine Mara hautnah miterlebt. Jetzt lebt sie mit ihren
Eltern und zwei jüngeren Geschwistern auf elf Quadratmetern in einem Zimmer. Anfangs
sprach Mara ausschließlich Syrisch. Der Krieg hat Spuren in ihrem jungen Leben
hinterlassen. Doch Mara lernt schnell. Und im Bibelunterricht ist ihr Jesus
begegnet.
Hungrig hat sie die
Geschichten aufgenommen und verinnerlicht. In der Schule, zu Hause und bei
Nachbarn erzählt sie seither freudig von Jesus. Bei unseren Liedern singt sie
laut mit, und ihre ganze Haltung spiegelt die Liebe Gottes wieder. Sogar ihre
nächtlichen Alpträume sind weg. Sie hat ihre Last im Gebet Jesus abgegeben.
Da ihre Eltern das
Schulgeld nicht bezahlen können, hilft ihre Mutter S. in der Schule mit. Auch
sie hat inzwischen Jesus angenommen und trägt ihr schweres Schicksal im
Glauben. Sie sind Teil unserer Gemeinschaft geworden. Es vergeht kaum ein
Sonntag, an dem Maras Mutter nicht für ihre von der IS eingeschlossene Familie
betet.
Kürzlich hat eine
Nachbarin diese Familie bei der Kleiderverteilung betrogen. Welche Lösung haben
wir? Ihre Schamkultur kennt keine direkte Konfrontation, direktes Ansprechen
ist also nicht möglich. Es folgen vorsichtige Gespräche mit beiden Frauen. Wir
finden Beispiele aus der Bibel, wie Hananias und Safira, indirekt-direkt. Hier
kann S. Vergebung persönlich anwenden, auch, wenn es ihr sichtbar weh tut. „Gnade
reicht“, weil Gott auch ihr selbst vergeben hat. Das zu erkennen war nötig für
Maras Mutter. So ist sie zum Beispiel für die andere Frau geworden. Vergebung:
Einseitig. Unbedingt. Umfassend.“
Vergebung ist etwas, was im Alltag geschieht, was aber weder
selbstverständlich noch einfach ist. Wer wenig zu vergeben hat kämpft manchmal nicht
weniger mit sich selbst und seiner Bereitschaft als der, der viel zu vergeben
hat. Das „Fleisch“ – unsere Unabhängigkeit von Gott - macht es uns schwer, den
Weg Jesu zu gehen. Maras Mutter hatte die Gnade der Vergebung erkannt, die sie
selbst erfahren hatte und die sie jetzt brauchte, um das Unrecht zu vergeben,
das ihr angetan worden war. Aber sie erkannte den Wert und die Kraft der Gnade:
„Gnade reicht“, waren ihre Worte und durch diese Gnade war sie in der Lage, zu
vergeben.
Vielleicht hat Gott diese Woche mehrmals zum selben Thema zu
uns reden müssen. Vergebung kommt nicht einfach und billig daher. Vergebung
kostet. Die Vergebung unserer Schuld kostete Jesus Sein Leben. Der Unschuldige
zahlte den Preis für die Schuld derer, die Vergebung brauchten. Damit gab Er
uns die Vorlage, wie Vergebung funktioniert. Du zahlst den Preis für die Schuld
derer, denen Du vergeben musst. Du verzichtest darauf, dass sie ihre Verschuldung
Dir gegenüber in Ordnung bringen. Du zahlst, Du vergibst – Du wirst frei.
Möge der Herr, der den Preis für Deine und meine Schuld
bezahlt hat, unsere Herzen bereit machen, dass auch wir im Namen und im Sinne
Jesu denen vergeben, die an uns schuldig geworden sind: Einseitig. Unbedingt. Umfassend.
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