Medo* hatte große
Hoffnungen in den »Islamischen Staat« gesetzt. Nachdem dieser Mossul
eingenommen hatte, wo er studierte, schloss Medo sich der Gruppe an. Doch als er
die immer neuen Gräueltaten der Miliz miterlebte, war der junge IS-Kämpfer
entsetzt. Christen wurden
vertrieben oder grausam ermordet, jesidische Frauen und
Kinder als Sklaven verkauft und selbst Muslime, die dem neuen Regime nicht
gehorchten, wurden umgebracht. Medo beteiligte sich an der Vertreibung der
Christen, doch innerlich wurde er immer mehr von Fragen und Zweifeln zerrissen.
Medos Bauchschmerzen waren chronisch geworden. Er hatte das
Gefühl, ständig einen Knoten im Magen zu haben.
Ein paar Tage nach dem Zwangsexodus der Christen hatte er gehofft, dass
das Schlimmste überstanden war. Als er durch die Stadt ging, um seinen Kopf
klar zu bekommen, und aus einer Seitenstraße auf eine der Hauptstraßen einbog,
sah er etwas, das ihm speiübel werden ließ. Etwa fünfzig Meter entfernt hingen
vier Männer, die in seinem Alter sein mochten, an hölzernen Kreuzen; durch ihre
Hände und Füße waren Nägel getrieben. Einen Steinwurf von den Kreuzen entfernt
standen zwei IS-Kämpfer, die ihre Offiziere zur Bewachung der Kreuze
zurückgelassen hatten.
Christen werden gekreuzigt
Alles in Medo verlangte danach, diesen jungen Männern zu
helfen, die der Bevölkerung demonstrieren sollten, was es kostete, als Christ
in Mossul zu bleiben. Es zog ihn magisch
zu den Gekreuzigten hin. Er ging stumm in ihre Richtung. Die Straße war fast
leer und Medo schätzte, dass sie schon seit Stunden da hingen und in der
sengenden Hitze nicht mehr lange leben würden.
Knapp zehn Meter von den Kreuzen entfernt blieb Medo stehen
und schaute zu den blutverschmierten Männern hoch. Sie beteten und sangen! Medo
konnte die Worte gerade so verstehen – und was er da hörte, erschütterte ihn
noch mehr als die Kreuzigungen selbst. Einer der Männer bat Gott, den IS-Kämpfern
zu vergeben. Die anderen sangen leise, fast flüsternd ein Anbetungslied: „Zeedo
el-Maseeh tasbeeh … Lobt Jesus Christus immer mehr.“
Unfassbarer Friede
Als einer der Männer mühsam den Kopf hob, um besser Luft zu
bekommen, lächelte er Medo an. Und Medo merkte: Diese vier Männer hatten
Frieden. Und er? Er hätte sich am liebsten umgebracht. Von Verzweiflung
überwältigt stand er da und betrachtete diese furchtlosen Christen viele lange
Minuten vielleicht war es sogar eine Stunde; Medo wusste es nicht. Aber als er
den letzten keuchenden Atemzügen des Mannes lauschte, der ihn angelächelt hatte,
spürte er einen Ruck in seinem Herzen, einen plötzlichen Mut. Der Terrorist
wider Willen wusste plötzlich, dass er bei der ersten sich bietenden Gelegenheit
den IS verlassen und, wenn nötig, von Mossul fortgehen würde.
Quälende Erinnerungen
Nach etwa drei Monaten gelang Medo die Flucht in die
christliche Stadt Alqosh, wo ihm Christen zur Weiterreise nach Istanbul
verhalfen. Fast eine Woche lang lief Medo ziellos durch die Innenstadt von
Istanbul, während er die Gräuel zu begreifen versuchte, die er in den
vergangenen sechs Monaten miterlebt hatte. Als er eines Abends alleine im Foyer
des Hotels saß, sprach ihn ein Iraker an. Der Mann stellte sich als Sameer* vor und lud Medo zu einer christlichen
Versammlung ein. Zögernd entschied sich Medo mitzukommen.
Ankommen in der Fremde
Sameer öffnete die Tür zu einem Versammlungsraum. Medo ging
hinein und blieb wie angewurzelt stehen. Mehrere Sekunden lang starrte er die Menschen
in dem Raum an, dann schaute er kurz zu Sameer hin, hob die Hände vors Gesicht
und begann zu schluchzen.
„Medo! Was ist?“ Sameer nahm Medo in die Arme und drückte
ihn. „Warum weinst du, mein Freund?“ „Ich kenne das Lied, das die da singen.“ Medo
presste die Worte hervor. „Das …
habe ich schon mal gehört.“ „Zeedo el-Maseeh tasbeeh … Lobt Jesus
Christus immer mehr.“
* Namen geändert
Eine Botschaft von Medo
„Mein Herz schmolz,
als ich das Lied hörte, das die Männer an den Kreuzen gesungen hatten. Diese
Christen in Istanbul waren voller Leben und sie sangen mit der gleichen aus der
Tiefe kommenden Freude wie die gekreuzigten Männer in Mossul. Sie hatten einen
Frieden, der nicht von ihrer äußeren Lage abhing.
Nach zwei Wochen in
Istanbul vertraute ich mein Leben Jesus an. Das Leben dieser Menschen
überzeugte mich davon, dass Jesus der Weg zu Gott ist. Sameer schenkte mir ein
Neues Testament. Ich verschlang es förmlich und sättigte und reinigte mein Herz
mit dem Wort Gottes. Die Todes- und Schreckensbilder in meinem Kopf wichen
Bildern des Lebens und der Hoffnung.
Bitte beten Sie für
mich. Ich bin mittlerweile in den Irak zurückgekehrt und wohne in Erbil in der
Autonomen Region Kurdistan, keine hundert Meilen von Mossul entfernt. Jesus
gibt mir Leben und ich möchte nichts lieber als den Menschen erzählen, wie er
mich gerettet hat – mich, ein ehemaliges Mitglied des IS, der gefürchtetsten
Terrorgruppe der Welt.“
Hier endet das Zeugnis von Medo. Es ermutigt, auch für
Terroristen zu beten, denn auch sie sind von Gott gliebt und auch nach ihnen
streckt sich Jesu Hand aus. Und es zeigt ganz deutlich: GOTT KANN!
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