„Herr, ich bitte nicht, dass du mir deine Absicht zeigst, sondern nur, dass du meine Schritte lenkst.“ (David Wilkerson)

Samstag, 4. Januar 2014

Wo ist unser Kind?

Massenveranstaltung in der Hauptstadt! Nicht hunderte, nein, Tausende waren gekommen, vielleicht Zehntausende. Es war für viele der immer wiederkehrende Höhepunkt des Jahres. Manche gingen alleine, manche reisten in Gruppen. Vor allem Familien besuchten gemeinsam den Event. Keine Anreise war zu weit. Innerhalb des Landes überlegten viele gar nicht lange – da ging man hin! Aber auch aus den umliegenden und sogar weit entfernten Ländern zog die jährliche Veranstaltung die Massen an. Alles, zwischen 12 und 102 (letzteres eine fiktive Zahl) freute sich auf diese Zeit des Jahres. Nein, es war keine Pilgerreise. Trotzdem muss es so ausgesehen haben, denn – zumindest innerhalt des Landes – nutzten viele Gruppen und Familien die Möglichkeit, Zeit  miteinander zu verbringen und den Weg zur Hauptstadt zu Fuß zurück zu legen. Man redete miteinander, brachte sich in allem auf den neusten Stand und freute sich auf die Megafeier in der Hauptstadt. UND ES WAR EINE MEGAFEIER, GLAUBT MIR! Ok, die Hinreise war cool gewesen, der Event echt bedeutungsvoll – aber nun war der Heimweg angesagt. Jede Feier, auch die schönste, geht einmal zu Ende. Da man einige Freunde nicht wirklich oft im Jahr sah, entschied man sich, auch die Rückreise zu Fuß zu unternehmen, um ein paar zusätzliche Stunden miteinander zu verbringen.


Und dabei geschah es. Die Gruppe zog sich auseinander: die Schnellen vorne, die Langsamen hinten. Die Alten brauchten mehr Ruhepausen, die Frischverheirateten und noch Kinderlosen hatten noch viel Energie. Erst Abends traf man sich immer wieder am Treffpunkt.

Bereits während der Reise war dem Ehepaar aufgefallen, dass sie ihr Kind nicht mehr sahen. Es war das erste Mal gewesen, dass sie es zur Feier mitgenommen hatten in die Hauptstadt – mit zwölf Jahren war es alt genug. Sie machten sich auch nicht zu viele Gedanken. Ihr Kind hatte auf dem Hinweg mit anderen rumgetobt und die Eltern erwarteten, dass sie es abends am Treffpunkt wiedersehen würden. Aber als sie ankamen, war Jesus nirgends zu sehen.

Entsetzen! Die Dunkelheit hatte eingesetzt. Überall Lärm. Fröhliche Kinder, müde genug, überall problemlos einzuschlafen – nur Jesus nicht! „Wo ist Jesus?“ fragten Maria und Josef so ziemlich jeden im Lager. „Jesus! Jesus!“ hallte es laut und lange, bis klar wurde, dass er mit keiner Gruppe angekommen war. Ihr Kind war unauffindbar. Wo sollten sie suchen? Noch in der Nacht machten sie sich auf den Rückweg, kamen am Morgen wieder in Jerusalem an. Wo mit dem Suchen anfangen? Sie ließen nichts unversucht, keine Person ungefragt, keine Herberge unbesucht. Zwei volle Tage vergebens gesucht. Die Hoffnung schwand immer mehr! Ihr Kind war weg! „Komm, wir gehen zum Tempel und beten!“ mag Josef zu Maria gesagt haben. Und da sahen sie ihn; im Gespräch mit den Weisen und Gelehrten. Die erleichtert-entsetzt-fast-zusammenbrechende-vor-Freude-weinende Mutter hört Jesus, wie er  überrascht fragt:  „Weshalb habt ihr mich gesucht? Wußtet ihr nicht, daß ich in dem sein muß, was meines Vaters ist?“ Der Tempel war der letzte Platz, an dem sie ihn gesucht hätten.

Donnerstagabend 19:00 Uhr. Um 17 Uhr hätte unser Kind zu Hause sein sollen. Die Unruhe steigt – die Suche beginnt. Aber wo soll ich suchen? Auf dem Fußballplatz? Bei Freunden?  Auf der Weide bei den Tieren? Im Spielsalon? Im Wald, der freien Natur? Im Internetcafe? In irgendeiner Kneipe? Im Sportverein? Wo ist mein Kind?

Ist die Gemeinde eine Option? Eine reelle Option, die mir in den Sinn kommt? Ist das der Ort, den ich meinem Kind liebgemacht habe – über alle anderen Optionen? Wo es sieht, dass ich begeistert hingehe und es mir nachempfindet? Ein Ort, den ich meinem Kind wichtiger gemacht habe als alle andere Orte – weil dort der Retter zu finden ist? Oder ist es eher einer der letzten Orte, an dem ich mein Kind suchen würde?

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