„Christen, die nicht weinen und meinen, sie seien besonders glaubensstark, sollten sich nicht täuschen. Gott kann ihnen am Ziel nicht einmal die Tränen abwischen.“ (Johann Albrecht Bengel)

Mittwoch, 18. August 2021

Pflanze oder Schnittblume?

Es war der Text, der zur Eröffnung eines Gottesdienstes, der sofort meine Aufmerksamkeit erregte. So hatte ich die Verse aus 1. Timotheus 2:1-5 noch nie gehört – oder zumindest hatten sie mich noch nie so angesprochen. Da heißt es:

„Das Erste und Wichtigste, wozu ich ´die Gemeinde` auffordere, ist das Gebet. Es ist unsere Aufgabe, mit Bitten, Flehen und Danken für alle Menschen einzutreten, ´insbesondere` für die Regierenden und alle, die eine hohe Stellung einnehmen, damit wir ungestört und in Frieden ein Leben führen können, das Gott in jeder Hinsicht ehrt und das in allen Belangen glaubwürdig ist. In dieser Weise zu beten ist gut und gefällt Gott, unserem Retter, denn er will, dass alle Menschen gerettet werden und dass sie die Wahrheit erkennen. Es gibt nämlich nur einen Gott, und es gibt auch nur einen Vermittler zwischen Gott und den Menschen – den, der selbst ein Mensch ´geworden` ist, Jesus Christus.“
Der ganze Text eignet sich ja ausgezeichnet als Predigttext. Aber es war der erste Satz, der meine Aufmerksamkeit gefangennahm. „Das Erste und Wichtigste, wozu ich ´die Gemeinde` auffordere, ist das Gebet.“ Meine Gedanken gingen zurück zu der Aussage eines Freundes, der einmal sagte: „Eigentlich sollten die Gebetsstunden die bestbesuchten Stunden der Gemeinde sein!“ – Während ich sein Herzensanliegen verstehen konnte, dachte ich bei mir selbst: „Na ja, besser besucht, gut besucht oder gar ausgesprochen gut besucht wäre sicher wünschenswert. Aber sollte nicht der Gottesdienst DIE Stunde der Gemeinde sein?“

Jesus belehrt uns durch Paulus, dass das erste und wichtigste Dienst in der Gemeinde das Gebet ist. Nicht das Predigen, nicht das Singen, nicht die Gemeinschaft, nicht die Seelsorge, nicht das Dienen, nicht das Wirken, nicht das Hin-und-Her-Rennen und auch nicht der gute Wille – sondern das Gebet. Das Gebet ist die Wurzel, die den Saft für das „Gemeindepflänzchen“ aus dem Boden der Gemeinschaft mit Gott empfängt. Wird das Gebet vernachlässigt, können wir nur noch von „Schnittblumen“ sprechen, die irgendwann verwelken. Alle Blüten des Gemeindelebens und des persönlichen Lebens brauchen das frische Quellwasser des Gebets, frisch empfangen aus dem Boden der Gemeinschaft mit Gott.

Irgendwo nervt das, oder? Angenehmer wäre es, würde der Herr uns sagen: „Das Erste und Wichtigste, wozu ich ´die Gemeinde` auffordere, ist ...“ ... zeitgemäße Evangelisation ... herzliche und gefühlvolle Anbetung ... intensives Lesen im Wort Gottes ... einander zu dienen ... den Gottesdienst zu besuchen ... irgendwas TUN! ... nur bitte nicht beten. Aber genau das stellt Gott oben an, denn Er weiß, dass die Blüten der Evangelisation, der Anbetung, des Studiums, des Dienens, der Gemeinschaft oder des TUNS nur dann aufgehen, blühen und duften, wenn sie durch das Gebet im Boden der Gemeinschaft mit Gott verwurzelt sind. Alles andere mag wie eine Rose in der Vase kurz aufblühen ... um dann verwelkt entsorgt zu werden.

Möge der Herr uns alle in Seine Schule nehmen. Mögen wir als Einzelne, als Kreise und als Gemeinden die Bedeutung des Gebets neu erkennen. Sobald wir sie erkennen, wird es sich im persönlichen Leben und im Gemeindeleben bemerkbar machen, denn Gebet lebt aus der Praxis, nicht aus der Theorie.

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