Massenveranstaltung in der Hauptstadt! Nicht hunderte,
nein, Tausende waren gekommen, vielleicht Zehntausende. Es war für viele
der immer wiederkehrende Höhepunkt des Jahres. Manche gingen alleine,
manche reisten in Gruppen. Vor allem Familien besuchten gemeinsam den
Event. Keine Anreise war zu weit. Innerhalb des Landes überlegten viele
gar nicht lange – da ging man hin! Aber auch aus den umliegenden und
sogar weit entfernten Ländern zog die jährliche Veranstaltung die Massen
an. Alles, zwischen 12 und 102 (letzteres eine fiktive Zahl) freute
sich auf diese Zeit des Jahres. Nein, es war keine Pilgerreise. Trotzdem
muss es so ausgesehen haben, denn – zumindest innerhalt des Landes –
nutzten viele Gruppen und Familien die Möglichkeit, Zeit miteinander zu
verbringen und den Weg zur Hauptstadt zu Fuß zurück zu legen. Man
redete miteinander, brachte sich in allem auf den neusten Stand und
freute sich auf die Megafeier in der Hauptstadt. UND ES WAR EINE
MEGAFEIER, GLAUBT MIR! Ok, die Hinreise war cool gewesen, der Event echt
bedeutungsvoll – aber nun war der Heimweg angesagt. Jede Feier, auch
die schönste, geht einmal zu Ende. Da man einige Freunde nicht wirklich
oft im Jahr sah, entschied man sich, auch die Rückreise zu Fuß zu
unternehmen, um ein paar zusätzliche Stunden miteinander zu verbringen.
Donnerstag, 24. September 2020
Wo ist unser Kind?
Und dabei geschah es. Die
Gruppe zog sich auseinander: die Schnellen vorne, die Langsamen hinten.
Die Alten brauchten mehr Ruhepausen, die Frischverheirateten und noch
Kinderlosen hatten noch viel Energie. Erst Abends traf man sich immer
wieder am Treffpunkt.
Bereits während der Reise
war dem Ehepaar aufgefallen, dass sie ihr Kind nicht mehr sahen. Es war
das erste Mal gewesen, dass sie es zur Feier mitgenommen hatten in die
Hauptstadt – mit zwölf Jahren war es alt genug. Sie machten sich auch
nicht zu viele Gedanken. Ihr Kind hatte auf dem Hinweg mit anderen
rumgetobt und die Eltern erwarteten, dass sie es abends am Treffpunkt
wiedersehen würden. Aber als sie ankamen, war Jesus nirgends zu sehen.
Entsetzen! Die Dunkelheit
hatte eingesetzt. Überall Lärm. Fröhliche Kinder, müde genug, überall
problemlos einzuschlafen – nur Jesus nicht! „Wo ist Jesus?“ fragten Maria und Josef so ziemlich jeden im Lager. „Jesus! Jesus!“
hallte es laut und lange, bis klar wurde, dass er mit keiner Gruppe
angekommen war. Ihr Kind war unauffindbar. Wo sollten sie suchen? Noch
in der Nacht machten sie sich auf den Rückweg, kamen am Morgen wieder in
Jerusalem an. Wo mit dem Suchen anfangen? Sie ließen nichts unversucht,
keine Person ungefragt, keine Herberge unbesucht. Zwei volle Tage
vergebens gesucht. Die Hoffnung schwand immer mehr! Ihr Kind war weg! „Komm, wir gehen zum Tempel und beten!“
mag Josef zu Maria gesagt haben. Und da sahen sie ihn; im Gespräch mit
den Weisen und Gelehrten. Die
erleichtert-entsetzt-fast-zusammenbrechende-vor-Freude-weinende Mutter
hört Jesus, wie er überrascht fragt: „Weshalb habt ihr mich gesucht? Wußtet ihr nicht, daß ich in dem sein muß, was meines Vaters ist?“ Der Tempel war der letzte Platz, an dem sie ihn gesucht hätten.
Donnerstagabend 19:00 Uhr.
Um 17 Uhr hätte unser Kind zu Hause sein sollen. Die Unruhe steigt – die
Suche beginnt. Aber wo soll ich suchen? Auf dem Fußballplatz? Bei
Freunden? Auf der Weide bei den Tieren? Im Spielsalon? Im Wald, der
freien Natur? Im Internetcafe? In irgendeiner Kneipe? Im Sportverein? Wo
ist mein Kind?
Ist die Gemeinde eine Option? Eine reelle
Option, die mir in den Sinn kommt? Ist das der Ort, den ich meinem Kind
liebgemacht habe – über alle anderen Optionen? Wo es sieht, dass ich
begeistert hingehe und es mir nachempfindet? Ein Ort, den ich meinem
Kind wichtiger gemacht habe als alle andere Orte – weil dort der Retter
zu finden ist? Oder ist es eher einer der letzten Orte, an dem ich mein
Kind suchen würde?
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