Während unserer fast zwei Jahrzehnte im Ausland fand unser
Familienurlaub immer am Meer statt. Echte Berge gab's keine. Was als
"Berge" bezeichnet wurde, war in der Regel Rebellengebiet oder
unzugänglich - oder beides. Darum war es eben jedes Jahr "Urlaub am
Meer." Und dazu gehörte Angeln. Glücklicherweise gibt es noch Länder auf
dieser Erde, die nicht alles im Leben durch Scheine und Gesetze
regulieren und darum waren unsere Angelaktivitäten auch recht
unkonventionell und "un-deutsch." Zunächst musste der Köder an die
Angel. Den braucht man nämlich. Ohne Köder keinen Fisch. Die Köder
suchten wir uns, bevor wir mit dem Schlauchboot raus fuhren. Und dann
kam eine der für uns unangenehmsten Angelegenheiten des Angelsports: den
Köder am Haken zu befestigen. Ach, wie oft ging uns der Köder verloren,
bevor der erste Fisch ihn auch nur sah. Und wie oft kamen wir nach 2
Stunden mit leeren Netzen zurück. 'Trotz Köder keinen Fisch' hieß es
dann. Aber wir hatten die Genugtuung, die Fische zumindest gut gefüttert
zu haben.
Fische (oder zumindest Köder) an der Angel erinnern mich regelmäßig an
ein Erlebnis, das ich vor vielen Jahren hatte. Seit Jahren (!) hegte ich
Groll gegen einen Menschen, der mir Unrecht getan hatte. Nicht, dass
ich täglich mit Bitterkeit zu kämpfen hatte. Aber, wenn immer ich
irgendeine Arbeit tat, die mich an diesen Menschen erinnerte, kamen
Unversöhnlichkeit und Groll hoch. "Wenn ich nur mit ‚Mr. Soundso' mal
über diesen Menschen reden kann und erzählen kann, was mir an Unrecht
geschehen ist, dann wird es mir besser gehen" - so dachte ich und hielt an der Bitterkeit fest, um irgendwann Rechtfertigung zu erfahren. "Den
Menschen, der mich so verletzt hat, den lasse ich nicht so leicht von
meiner Angel. Den halte ich mir, damit ich ihn einholen kann, wann immer
es mir passt!"
Dann las ich ein Buch. Es ging u.a. um Vergebung, und ich musste
feststellen, dass nicht der Andere, sondern ich selbst der Fisch an der
Angel war. Bitterkeit und das Verlangen nach Rechtfertigung hielten
nicht den Anderen an der Angel, sondern mich. Ich kam nicht davon weg.
Über Jahre hinweg hatte ich gedacht, der Andere sei der Fisch. Jetzt
wurde mir klar: Ich hing an der Angel. Ich war es, der NICHT frei war.
Ich war es, der immer wieder eingeholt wurde. Ich erinnere mich an den
Tag, an dem ich auf meine Knie ging, die Bitterkeit im Gebet an Gott
abgab und Ihn bat, mich von der Angel zu nehmen. Ich vergab auch dem
Anderen und verzichtete auf Rechtfertigung - und erfuhr die Freiheit,
die nur Jesu geben kann.
Bitterkeit und Unversöhnlichkeit gehören wahrscheinlich zu den
massivsten Bremsen im geistlichen Leben. Nicht zuletzt darum hat Jesus
das Thema Vergebung immer wieder angesprochen. Unser Problem ist, dass
wir unser Bedürfnis nach Rechtfertigung nicht aufgeben, unsere Rechte
einklagen und dem Anderen nicht vergeben wollen. Ganz deutlich warnt uns
unser Herr:
"Wenn ihr aber den Menschen ihre Verfehlungen nicht vergebt, so wird
euch euer Vater eure Verfehlungen auch nicht vergeben." (Matthäus 6:15)
und gleichzeitig verspricht Er:
"Wenn euch nun der Sohn frei machen wird, so seid ihr wirklich frei." (Johannes 8:36)
Bist Du frei? Oder hängst Du noch an einer Angel? Jesus befreit! (w)
Freitag, 12. Januar 2018
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