In seinem interessanten Buch „Das Leben, nach dem Du Dich
sehnst“ schreibt John Ortberg von einer „Hornhautverkrümmung der Seele“. Die
Beschreibung einer solchen Krankheit dürfte sich zwar in keinem medizinischen
Nachschlagwerk finden, dafür aber in der Bibel. In Matthäus 7:1-5 lehrt Jesus
darüber, wenn Er sagt:
Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet!
Denn mit demselben Gericht, mit dem ihr richtet,
werdet ihr gerichtet werden; und mit demselben Maß,
mit dem ihr anderen zumesst, wird auch euch zugemessen werden.
Was siehst du aber den Splitter im Auge deines Bruders,
und den Balken in deinem Auge bemerkst du nicht?
Oder wie kannst du zu deinem Bruder sagen:
Halt, ich will den Splitter aus deinem Auge ziehen!
— und siehe, der Balken ist in deinem Auge?
Du Heuchler, zieh zuerst den Balken aus deinem Auge,
und dann wirst du klar sehen,
um den Splitter aus dem Auge deines Bruders zu ziehen!
Ortberg schreibt, dass so ein „Balken“ eine
Hornhautverkrümmung der Seele darstellt, weil sie unsere Sichtweise verschwimmen
und unscharf werden lässt. Jesus, so Ortberg, diagnostiziert diese Krankheit
bei denen, die stolz waren auf ihre geistliche Überlegenheit. Sie waren die
Gerechten, stolz und ohne Liebe. Die anderen waren die Sünder, die
Prostituierten und die Betrüger. Das Beispiel vom Pharisäer mit seiner
seelischen Hornhautverkrümmung und dem Sünder im Tempel macht deutlich, dass
die scheinbar „großen Sünder“ besser und klarer sehen, als die, die meinen, ihnen
helfen zu müssen.
Irgendwie scheinen Jesu Worte anzudeuten, dass jeder von uns
einen Balken im eigenen Auge hat. Irgendwie scheint Er anzudeuten, dass wir
trotz dieser seelischen Hornhautverkrümmung scharfsinnige Urteile fällen, ohne zu
merken, dass wir falsch liegen. Und irgendwie scheint Jesus eine Handlungsreihenfolge
aufzustellen, die vor dem Richten warnt und mit dem Aufräumen bei sich selbst
beginnt.
Ortman schlägt zwei Fragen vor, um eine neue, klarere
Sichtweise zu bekommen:
Erstens: „Warum habe ich getan, was ich getan habe?“
Zweitens: „Was war das Ergebnis meiner Sünde?“
Und dann schließt Ortberg den Beitrag über seelische
Hornhautverkrümmung ab mit Gedanken zur heilenden Gnade Gottes. Wie gut, dass
ich – und Du – und alle Menschen uns von der heilenden Gnade Gottes anrühren
lassen dürfen. Gottes heilende Gnade entfernt den Balken aus meinem Auge und lässt mich vorsichtig
und milde mit dem Splitterchen im Auge meines Nächsten umgehen. Vor allem wird
es mir den Blick schärfen für die buchstäblich unbeschreibliche Gnade Jesu. Im
Blick Seiner großen Gnade wird alles andere klein und erhält göttliche
Perspektive!
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