„Herr, ich bitte nicht, dass du mir deine Absicht zeigst, sondern nur, dass du meine Schritte lenkst.“ (David Wilkerson)

Samstag, 7. November 2015

Der anonyme Brief und die Bibel

Wenn ich, wie gestern geschehen, im Gemeindebriefkasten einen persönlichen Brief vorfinde, Adresse handgeschrieben aber ohne Absender, dann gehen mir zwei Vermutungen durch den Kopf: Entweder handelt es sich um einen ermutigenden Brief, den jemand anonym geschrieben hat, um sich nicht in den Vordergrund zu stellen oder weil es ihm peinlich ist, seinen Dank oder seine Freude über Geschehnisse in der Gemeinde namentlich mitzuteilen. Das sind erfreuliche, aufbauende Briefe. Oder: es handelt sich um jemanden, der irgendwelche Kritik an den Mann bringen möchte, sich beschweren möchte, aber nicht genug Mut hat, das namentlich zu tun. Solch einen Brief holte ich gestern aus dem Briefkasten.

Das einzige Handschriftliche war die Gemeindeadresse. Absender und Unterschrift fehlten. Der Brief selbst war ein getipptes Bekenntnis zum Neuen Testament (NT), vorausgesetzt, es ist in einer Übersetzungen, die der anonyme Briefschreiber am Briefende als akzeptabel listet.  Das Alte Testament (AT) hat nach seiner Auffassung keine Relevanz mehr für uns neutestamentliche Christen.

Vermutlich war Briefschreiber(in) zu Besuch an einem oder mehreren unserer Sonntagsgottesdienste. Sonntags lehren wir zur Zeit durch das Buch des Propheten Jeremia, ein alttestamentliches, vom Heiligen Geist inspiriertes Buch. Dass Gott die Botschaft dieses Buches heute in unserer Mitte gebraucht, wird immer wieder in unseren Gottesdiensten deutlich. Aber was antworten wir Menschen, die – anonym oder öffentlich – eine solch unbiblische Ansicht vertreten, dass das Alte Testament für die Gemeinde heute keine Bedeutung mehr hat und sich Christen auf das Neue Testament beschränken sollten?

Viele verschiendene Antworten fallen ein:

  1. Paulus schreibt in 2. Timotheus 3:16: „Alle Schrift ist von Gott eingegeben und nützlich zur Belehrung, zur Überführung, zur Zurechtweisung, zur Erziehung in der Gerechtigkeit.“ Da das AT zu der Zeit bereits vollständig vorhanden war, das NT aber nicht einmal vollständig geschrieben war, muss Paulus sich auf die Schriften des AT beziehen. Petrus bestätigt die Worte des Paulus in 2. Petrus 1:21: „Denn niemals wurde eine Weissagung durch den Willen eines Menschen hervorgebracht, sondern von Gott her redeten Menschen, getrieben von Heiligem Geist.“
  2. Mehrmals heißt es im NT, dass auch das AT für UNS HEUTE ist: So in Römer 15:4, wo es heißt: „Denn alles, was früher geschrieben ist, ist zu unserer Belehrung geschrieben, damit wir durch das Ausharren und durch die Ermunterung der Schriften die Hoffnung haben.“ 1. Korinther 10:11 klingt ganz ähnlich: „Alles dies aber widerfuhr jenen als Vorbild und ist geschrieben worden zur Ermahnung für uns, über die das Ende der Zeitalter gekommen ist.“
  3. Vor Probleme würde uns auch Jesus stellen, der in seinen Lehren immer wieder reichhaltig das AT als Gottes inspiriertes Wort zitiert. Sollte Er sich geirrt – und Worte zitiert haben, die heute kein Gewicht mehr haben?
  4. Im Epheser- Kolosser- und Jakobusbrief werden die Gläubigen des NT aufgefordert, die Psalmen zu singen und zu zitieren. So heißt es in Epheser 5:19: „Redet zueinander mit Psalmen“ in Kolosser 3:16: Singt mit Psalmen und Lobgesängen und geistlichen Liedern dem Herrn
  5. Schließlich: Was wüssten wir über Schöpfung, Sündenfall, die Verheißungen über den kommenden Messias und das Ende der Welt, wenn wir das AT nicht hätten. Der Heilsplan Gottes wirft bereits im AT seine herrlichen Schatten voraus, erfüllt sich durch Jesus im NT und offenbart uns vieles, was sich, gemeinsam mit den Verheißungen des NT in den kommenden Zeiten erfüllen wird.
Nein, niemand wird uns Christen die Bibel wegnehmen, nicht das AT und nicht das NT. Gottes Wort ist nicht teilbar, sondern eine herrliche Einheit – zum Segen für alle, die sich darauf einlassen, es zu lesen und zu studieren.

Und so besitzen wir das prophetische Wort umso fester,
und ihr tut gut, darauf zu achten als auf eine Lampe,
die an einem dunklen Ort leuchtet, bis der Tag anbricht
und der Morgenstern in euren Herzen aufgeht(2 Petrus 1:19)

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