Der Gedanke ist, dass Gott die Armen,
Leidenden und Verfolgten liebt – und weil bei Gott niemand unerwünscht
ist, sollte es die bei Seinen Kindern genauso sein. Jesus gibt uns das
perfekte Vorbild, Menschen durch Augen zu sehen, die „durch Gnade
geheilt worden sind“
Yancey geht auch auf andre Personengruppen
ein, z.B. Homosexuelle, und stellt uns vor die Frage, wie viel Heilung
unsere Augen erfahren haben. Wer nicht oberflächlich liest, wird sich
die Frage gefallen lassen müssen: Mit welchen Augen sehe ich meinen
Nächsten? Und mit dem Nächsten ist hier nicht mein Ehepartner oder mein
bester Freund gemeint, sondern der Nächste, der selbstverschuldet
mittellos auf der Straße steht, der Nächste, der zum wiederholten Mal im
Knast sitzt oder schon wieder in seine alte Sucht zurückgefallen ist.
Und dann gibt es den Nächsten, den wir schon sooooo lange kennen – und
der „schon immer so war“ und wohl auch immer so bleiben wird. Nervig!
Man weiß schon am Tag, an dem es ihm gut geht, dass er morgen wieder
„durchhängt!“ Kurz, es geht um den Nächsten, der unsere Geduld
strapaziert, den wir eher aufgeben, verurteilen oder meiden würden. Wie
viel Heilung durch Jesu Gnade haben meine Augen empfangen? Wie viel
Gnade, Barmherzigkeit hat in meinem Herzen und meinen Einstellungen Fuß
fassen können? Ein Schreiber bezeugt:
„Nicht,
dass ich je gemein oder kalt gewesen wäre. Ich tendierte einfach dahin,
alles in schwarz oder weiß zu sehen – mit wenig Raum für GNADE. So sehr
es mich schmerzt, dies zu sagen: Es fiel mir leichter, über Jesu Liebe zu den verletzten Menschen zu reden, als diese Liebe auszuleben.“
Ohne Gottes Eigenschaften, wie seine
Gerechtigkeit und Souveränität oder seinen heiligen Zorn auszublenden,
gehören Seine Gnade und Seine bedingungslose Liebe sicher zu den
Eigenschaften, die Er am meisten in uns entwickeln und sehen möchte. Er
möchte unsere Augen durch Seine Gnade heilen und unsere Herzen mit
Seiner Liebe füllen.
Die Geschichte von Samuel Colgate, Sohn des Colgate Gründers, beschreibt Augen, die durch Gnade geheilt wurden. Nach einer Evangelisation im 19. Jahrhundert
folgte eine Prostituierte dem Aufruf, nach vorne zu kommen. Tief
betrübt weinte sie offen, bekannte ihre Sünden, bat Gott um Rettung
ihrer Seele und wollte sich der Gemeinde anschließen. „Ich nehme gerne in der hinteren Ecke Platz,“
erklärte sie, aber der Pastor zögerte, ihre Bitte um Aufnahme zur
Abstimmung zu bringen. Lähmende Stille – bis dass sich ein Mitglied
erhob und den Antrag auf Vertagung stellte. In dem Moment stand Samuel
Colgate auf und erklärte mit einem sarkastischen Unterton: „Ich vermute, wir haben uns versprochen, als wir Gott darum baten, Sünder zu retten. Wir haben vergessen, zu erklären, welche Art
Sünder wir meinten. Wir sollten Ihn besser bitten, unsere
Unaufmerksamkeit zu vergeben. Der Heilige Geist hat das Herz dieser Frau
angerührt und hat ihr echte Reue ins Herz geschenkt – aber
offensichtlich hat der Herr nicht begriffen, dass sie nicht zu denen
gehört, die wir gerettet sehen möchten. Viele der Zuhörer erröteten vor Scham. Sie hatten gerichtet wie der Pharisäer im Tempel, der selbstgerecht betete: "Gott, ich danke dir, dass ich nicht bin wie andere Menschen, Räuber, Ungerechte, Ehebrecher“ Nach einem neuen Antrag wurde die Frau einstimmig in die Gemeinschaft aufgenommen.
Die Waagschalen
AntwortenLöschenWas meine Großmutter uns aus der Bibel erzählte, das lebte sie uns im täglichen Leben vor. Sie war still, sonnig, immer freundlich und war eine treue Beterin. Ihr ganzes Leben war ein einziges Lieben und Ertragen von unsagbaren Nöten. Sie lebte an der Seite eines Mannes, der gerade das Gegenteil war. Hart, undankbar, ichsüchtig, ein Flucher, der nie zufrieden war. Hatte er seinen "schlimmen Tag", so mussten wir eilends das Haus verlassen. Schon unter der Tür klärte sie uns liebend auf und meinte: "Kinderchen, geht schnell, der Nordwind weht! Betet für den Großvater, er geht sonst verloren!" Oft verstanden wir die Großmutter nicht mehr und sagten: "Wenn er so ist, dann hat er es auch nicht anders verdient!"
Als ich einmal zu ihr sagte: "Großmutter, gib doch dein Beten für den Großvater auf, es hat doch keinen Sinn, er wird ja immer nur noch schlimmer zu dir", da nahm sie mich an der Hand und führte mich in die Küche. Dort stellte sie eine Küchenwaage auf den Tisch und gab mir folgende Erklärung: "Diese Küchenwaage hat zwei Waagschalen. Nun stell dir einmal vor, Gott habe eine solche Waage für uns bereitgestellt. Hier wird alles, was wir tun, gewogen. Und nun denke dir, in der einen Waagschale sitzt dein schwer gebundener, hartherziger Großvater. Er hat mit seinem steinernen Herzen schon ein ganz beachtliches Gewicht. In der andern Schale aber liegen die schwachen Gebete deiner Großmutter und die von euch Kindern. Vergleichst du so ein Gebet mit dem Gewicht eines Kalenderzettels, so ist dies, im Vergleich zu dem schweren Großvater, gar nichts! Nimmst du aber einen Jahreskalender mit 365 Zettelchen auf die Hand, dann ist es schon ein wenig schwerer. Und nun denke dir 50 ganze Kalender! Die sind schon gehörig schwer! So lange bete ich jetzt für den Großvater. Ich bin überzeugt, es kann nicht mehr viel fehlen, bis unsere Gebete mehr wiegen als Großvater, und sie werden ihn zum Himmel emporziehen. Wäre es nicht schade, wenn wir jetzt müde würden in unserm Beten? Wenn du täglich treu mit betest, wird Gott uns erhören." Und so betete ich noch sieben Jahre mit der Großmutter um die Errettung des Großvaters. Nachdem sie 57 Jahre im Gebet für ihren armen Mann durchgehalten hatte, nahm der Herr Jesus sie zu sich. Sie starb, ohne die Freude der Bekehrung des Großvaters erlebt zu haben.
Erst am Sarge der Großmutter brach der hartherzige Großvater zusammen und übergab sein Leben dem Heiland mit unbeschreiblichen Reuetränen. Gerade ich, die vor sieben Jahren noch der Grußmutter den Rat gab, nicht mehr zu beten, durfte mit dem 83jährigen Greis niederknien und seine Umkehr erleben. Der einst so gefürchtete Tyrann wurde zu einem sanften, liebenden, treu betenden Großvater, der jeden seiner Besucher unter Tränen ermahnte, sein Leben dem Herrn zu geben. Das Gewicht der Gebetswaagschalen hatte also den alten Großvater doch noch nach oben gezogen. Und Großmutter darf nun im Himmel dafür danken.
C.H. Spurgeon
Danke Ali. Genialer Beitrag. Wirst Du sicher bald mal im Blog wiederfinden. Und wenn's von Spurgeon ist, weiß man auch, dass es nicht frei erfunden ist. Danke!
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