„Herr, ich bitte nicht, dass du mir deine Absicht zeigst, sondern nur, dass du meine Schritte lenkst.“ (David Wilkerson)

Montag, 17. Dezember 2012

Amy Carmichaels Traum

Der heutige Blogeintrag ist etwas länger als normal, aber mehr als lesenswert!
Vor ein paar Wochen las ich erneut den Artikel: „Amy Carmichaels Traum“. Amy Carmichael wurde 1867 geboren. Bereits als Jugendliche war sie missionarisch aktiv und gründete eine Gemeinde mit 500 Mitgliedern aus der Unterschicht in Belfast. Später wirkte sie in Indien unter Waisenkindern, die in den Hindutempeln als Sexsklaven dienten. 55 Jahre Missionsarbeit – ohne Rückkehr in die Heimat – im Dienst an denen die als 'nicht liebenswert' angesehen wurden. Amy hatte einen Traum, den sie aufschrieb. Dies ist ihr Traum:

Die Tom-Toms (Trommeln) schlugen die ganze Nacht und die Finsternis umschlang mich, als wäre sie greifbar und lebendig. Schlafen konnte ich nicht und lag wach und sah:

Ich stand auf einem grasigen Flecken und zu meinen Füßen brach ein Abgrund ab in schier unendliche Tiefen. Ich schaute, konnte aber keinen Grund sehen, nur Formen, wie Wolken, schwarz und wütend verschlungen, große mit Schatten verhüllte Höhlen und unermessliche Tiefen. Ich wich zurück, schwindelig durch die Tiefe.

Dann sah ich Formen von Menschen, die einzeln auf dem Gras liefen. Sie bewegten sich auf den Abgrund zu. Da war eine Frau mit einem Baby auf dem Arm und einem anderen Kind, das sich an ihrem Kleid festhielt. Sie war unmittelbar vor dem Abgrund. Dann sah ich, dass sie blind war. Sie hob ihren Fuß zum nächsten Schritt … er trat ins Leere. Sie war fort und die Kinder mit ihr. Oh, der Schrei, als sie fielen!

Ich sah weitere Menschenströme aus allen Richtungen. Alle waren blind, stockblind! Alle steuerten direkt auf den Rand des Abgrundes zu. Schrilles Aufschreien, als sie merkten, wie sie plötzlich fielen. Arme, hilflos in die Luft geworfen, um sich im leeren Raum an irgendetwas festzuklammern. Aber einige gingen leise, und fielen ohne einen Laut.

Ich fragte mich, mit einer Verwunderung, die einfach nur Qual war, warum sie niemand am Rand des Abgrundes aufhielt. Ich selbst konnte es nicht. Ich war auf den Boden festgeklebt, und konnte nur rufen. Aber obwohl ich mit aller Anstrengung versuchte, kam nicht mehr als ein Flüstern.

Dann sah ich, dass entlang der Abgrundkante in Abständen Wachen aufgestellt waren. Aber die Abstände waren zu groß! Es gab große, unbewachte Lücken. Durch diese Spalten fielen die Menschen in ihrer Blindheit; völlig ungewarnt. Und das grüne Gras schien mir blut-rot zu sein, und die Kluft gähnte wie der Mund der Hölle.

Dann sah ich etwas, wie ein kleines Bild des Friedens: eine Gruppe von Menschen saßen unter Bäumen mit dem Rücken zum Abgrund. Sie stellten Gänseblümchenketten her. Manchmal, wenn ein herzzerreißender Schrei die Stille durchbrach, fühlten sie sich gestört, und sie empfanden das als einen ziemlich vulgären Lärm. Wenn dann einer von ihnen aufsprang und gehen wollte, um etwas zu unternehmen – um zu helfen – dann zogen all die anderen den einen wieder runter.  "Was regst  du dich so auf? Warte, bis du einen klaren Ruf erhältst. Du bist mit deiner Gänseblümchenkette noch gar nicht fertig. Es wäre sehr selbstsüchtig von dir, jetzt loszugehen und uns hier deine Arbeit machen zu lassen.“

Da war noch eine andere Gruppe. Es waren Menschen, deren großer Wunsch es war, mehr Wächter auszusenden. Aber sie stellten fest, dass nur sehr wenige bereit waren, zu gehen, und manchmal gab es kilometerweit keine Wachen vor dem Abgrund.

An einer Stelle stand ein Mädchen allein auf ihrem Platz und winkte die Leute zurück, aber ihre Mutter und andere Freunde riefen und erinnerten sie, dass es Zeit war, den Dienst in der Heimat zu beginnen und dass sie die Regeln nicht brechen dürfe. Und weil sie müde war und eine Veränderung brauchte, ging sie und ruhte sich für eine Weile aus, aber niemand wurde geschickt, um ihre Lücke zu schließen und unaufhörlich fielen die Menschen – wie ein Wasserfall aus lauter Seelen.

Ein Kind klammerte sich an einen Grasbüschel, der am Rand des Abgrundes wuchs. Krampfhaft hielt es sich fest und rief – aber niemand schien zu hören. Dann gaben die Wurzeln des Grases nach. Mit einem Schrei  stürzte das Kind hinab, während seine kleinen Hände den Grasbüschel fest umklammert hielten.

Und das Mädchen, das sich danach sehnte, wieder ihren Platz in der Lücke einzunehmen, meinte den Kleinen weinen zu hören. Sie sprang auf und wollte gehen, aber die anderen kritisierten sie und erinnerten, dass niemand gebraucht wird. Sie wüssten, dass sich schon jemand gut um ihre Lücke kümmern würde. Und dann sangen sie ein Lied.

Durch das Lied hindurch erklang ein anderer Ton, wie der Schmerz einer Million gebrochener Herzen, ausgewrungen in einem einzigen vollen Tropfen, ein einziges Schluchzen. Und ein Schrecken großer Finsternis war auf mir, denn ich wusste, was es war: Der Schrei des Blutes!

Dann donnerte eine Stimme, die Stimme des Herrn. "Und er sagte: ‚Was hast du getan, denn die Stimme des Blutes deines Bruders schreit zu mir von der Erde.’"

Die Tom-Toms schlugen noch immer schwer, die Dunkelheit bebte und erzitterte noch immer über mir. Ich hörte die Schreie der Teufel-Tänzer und seltsame, wilde Schreie der vom Teufel Besessenen, gerade vor der Türe.

Nach alledem, was soll’s? So ist es viele Jahre gewesen, so wird es noch Jahre weitergehen. Warum machen wir soviel Aufhebens davon?

„Gott, vergib uns! Gott rüttle uns wach! Beschäme uns aus unserer Gleichgültigkeit heraus! Beschäme uns aus unserer Sünde heraus!“

(Englische Originalversion: hier;   Eigenübersetzung)

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