„Herr, ich bitte nicht, dass du mir deine Absicht zeigst, sondern nur, dass du meine Schritte lenkst.“ (David Wilkerson)

Mittwoch, 26. Januar 2011

Johann & Hiob


Johann Mentzer – wem sagt der Name was? Niemandem? Mir auch nicht – bis ich mich mal wieder hinsetzte und Hintergründe ausfindig machen wollte, auf denen bekannte Lieder entstanden sind.

Johann Mentzer wurde Mitte des 17. Jahrunderts geboren. Zunächst besuchte er das Gymnasium in Bautzen und studierte anschließend Theologie in Wittenberg. Als er im Februar 1734 im Alter von 75 Jahren starb, errichtete man einen Grabstein mit folgender Lebensbeschreibung: (leicht gekürzt)

"Denkmal weiland Herrn Johann Mentzer, welcher ordentlich berufener Seelenhirte war (...) verheiratete sich erstens mit Jungfrau Eva Maria Meindeli, zweitens mit Jungfrau Anna Magdalena Ritzin, lebte in vergnügter Ehe mit der ersten 5 Jahre, 2 Monate, mit der zweiten 29 Jahre, 3 Monate, sahe den Segen von 13 Kindern und 7 Kindeskindern, von denen samt der ersten Mutter 12 ihm im Grabe und Himmel Gesellschaft leisten. Er beschloß sein kreuzvolles Leben, das ihm sonderlich zuletzt noch sauer gemacht wurde von den Feinden des Kreuzes Christi, an einem Steck- und Schlagflusse sehr erbaulich."

Bereits aus der Grabinschrift geht hervor, dass er durchaus ein Nachfolger Jesu war, dem die Erfahrungen Hiobs nicht erspart blieben. 12 seiner 13 Kinder und seine erste Ehefrau musste er begraben. Vier Kinder starben innerhalb von nur drei Wochen. Sein Eintrag im Sterberegister lautete:  "Ach mein Gott, was tust du einen so schmerzlichen Herzensriß nach dem andern! Doch es sei auch dafür dein Name hochgelobet."

Mentzer schrieb seine Lieder mit der überlieferten Gebetshaltung:
„Ach Jesu, komm doch du und tilge meine Flammen!
Lass meine Lieder nur von deinem Feuer stammen!“

Sein bekanntestes Lied wurde in einer solchen Feuerschmiede geboren. 1704 brannte sein Pfarrhaus nieder mit allem, was er besaß. Auf einem ausgebrannten Balken soll er gesessen und das Lied geschrieben haben, dass bis heute erhalten und bekannt ist: O dass ich tausend Zungen hätte! Ursprünglich hatte es 15 Strophen und ich hatte geplant, die „wichtigsten“ hervorzuheben. Das wurden allerdings mehr als die Hälfte, warum ich drauf verzichtet habe.  Auf dem Hintergrund dieser Entstehungsgeschichte (Tod und Flammen) sollen hier alle 15 Strophen eingefügt werden. Alle sind es mit dieser Hintergrundinformation wert, gelesen zu werden.
„Herr, gib auch uns diese Bereitschaft, Freud und Leid lobend aus Deiner Hand zu nehmen!“

O DASS ICH TAUSEND ZUNGEN HÄTTE!

O daß ich tausend Zungen hätte
Und einen tausendfachen Mund,
So stimmt' ich damit in die Wette
Vom allertiefsten Herzensgrund
Ein Loblied nach dem andern an
Von dem, was Gott an mir getan!

2. O daß doch meine Stimme schallte
Bis dahin, wo die Sonne steht.
O daß mein Blut mit Jauchzen wallte,
So lang es noch im Laufe geht.
Ach wär ein jeder Puls ein Dank
Und jeder Odem ein Gesang.

3. Was schweigt ihr denn, ihr meine Kräfte?
Auf, auf, braucht allen euren Fleiss
Und stehet munter im Geschäfte
Zu Gottes, meines Herren, Preis!
Mein Leib und Seele, schicke dich
Und lobe Gott herzinniglich!

4. Ihr grünen Blätter in den Wäldern,
Bewegt und regt euch doch mit mir.
Ihr schwanken Gräschen in den Feldern,
Ihr Blumen, laßt doch euer Zier
Zu Gottes Ruhm belebet sein,
Und stimmet lieblich mit mir ein.

5. Ach alles, alles, was ein Leben
Und einen Odem in sich hat,
soll sich mir zu Gehilfen geben,
Denn mein Vermögen ist zu matt,
Die großen Wunder zu erhöhn,
Die allenthalben um mich stehn.

6. Dir sei, o allerliebster Vater,
Unendlich Lob für Seel' und Leib!
Lob sei dir, mildester Berater,
Für allen edlen Zeitvertreib,
Den du mir in der ganzen Welt
Zu meinem Nutzen hast bestellt.

7. Mein treuster Jesu, sei gepriesen,
Daß dein erbarmungsvolles Herz
Sich mir so hilfreich hat erwiesen
Und mich durch Blut und Todesschmerz
Von aller Teufel Grausamkeit
Zu deinem Eigentum befreit.

8. Auch dir sei ewig Ruhm und Ehre,
O heilig werter Gottesgeist,
Für deines Trostes süße Lehre,
Die mich ein Kind des Lebens heißt.
Ach, wo was Gut's von mir geschicht,
Das wirket nur dein göttlich Licht!

9. Wer überströmet mich mit Segen?
Bist du es nicht, o reicher Gott?
Wer schützet mich auf meinen Wegen?
Du, du o Herr Gott Zebaoth,
Du trägst mit meiner Sündenschuld
Unsäglich gnädige Geduld.

10. Vor andern küß ich deine Rute,
Die du mir aufgebunden hast.
Wie viel thut sie mir doch zu gute
Und ist mir eine sanfte Last!
Sie macht mich fromm und zeugt dabei,
Daß ich von deinen Liebsten sei.

11. Ich hab es ja mein Lebetage
Schon so mach liebes Mal gespürt,
Daß du mich unter vieler Plage
Durch dick und dünne hast geführt;
Denn in der größesten Gefahr
Ward ich dein Trostlicht stets gewahr.

12. Wie sollt' ich nun nicht voller Freuden
In deinem steten Lobe stehn?
Wie sollt' ich auch im tiefsten Leiden
Nicht triumphierend einhergehn?
Und fiele auch der Himmel ein,
So will ich doch nicht traurig sein.

13. Drum reiß ich mich jetzt aus der Höhle
Der schnöden Eitelkeiten los
Und rufe mit erhöhter Seele:
Mein Gott, du bist sehr hoch und groß;
Kraft, Ruhm, Preis, Dank und Herrlichkeit
Gehört dir jetzt und allezeit.

14. Ich will von deiner Güte singen,
So lange sich die Zunge regt,
Ich will dir Freudenopfer bringen,
So lange sich mein Herz bewegt;
Ja wenn der Mund wird kraftlos sein,
So stimm ich doch mit Seufzen ein.

15. Ach nimm das arme Lob auf Erden,
Mein Gott, in allen Gnaden hin;
Im Himme soll es besser werden,
Wenn ich ein schöner Engel bin;
Da sing ich dir im höhern Chor
Viel tausend Halleluja vor.

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