An einer Stelle hielten wir an und bewunderten die kleineren und massiveren Felsen, über die sich der Pöllertfluss ergoss. Bei näherem Hinsehen erkannten wir dann, dass all die Felsen, die vom Wasser umspült wurden, nicht scharf und kantig waren, sondern eher sanfte Konturen hatten. Der permanente Wasserfluss hatte über Jahrzehnte – bei vielen auch länger – die harten Kanten und scharfen Ecken abgetragen und weichgespült. Das war allerdings nur möglich, weil die Felsen permanent der formenden Kraft des Wassers ausgesetzt waren – und es immer noch sind.
Was für ein passendes Bild für unser Leben als Jünger Jesu.
Als wir zu Jesus kamen, waren wir wie ein rauer Felsbrocken (ja, auch die Gutnaturen
unter uns!). Wir waren rau und verletzend und hatten das reinigende und
formende lebendige Wasser dringend nötig. Aber kein Problem für Jesus. Er nahm
uns, wie wir waren (Er nimmt immer noch jeden Menschen, so, wie er ist) und veränderte
uns und hört bis heute nicht damit auf. Raue Ecken werden abgeschliffen, das,
was andere verletzt, wird entschärft. In Johannes 15:4+5 erklärt Jesus:
Bleibt in mir, und ich bleibe in euch! Gleichwie die Rebe nicht von
sich selbst aus Frucht bringen kann, wenn sie nicht am Weinstock bleibt, so
auch ihr nicht, wenn ihr nicht in mir bleibt. 5 Ich
bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der
bringt viel Frucht; denn getrennt von mir könnt ihr nichts tun.
Das ist das Geheimnis: In Ihm bleiben: im Strom Seiner
Gnade, im Zentrum Seines Willens, im Wirkungsbereich Seines Lichts, im Fluss
des lebendigen Wassers. In Jesus zu bleiben, im Austausch mit Ihm, im Gespräch
mit Ihm, im Hören auf Ihn, im frohen Dienst für Ihn – das verändert. Steter
Tropfen höhlt den Stein. Das Ergebnis ein verändertes Leben und Frucht für
Jesus. Dazu sind wir geschaffen: Ihm Ehre und für Ihn Frucht zu bringen.
Ich möchte uns heute alle ermutigen, stille zu halten, auch,
wenn das lebendige Wasser manchmal recht stürmisch an uns arbeitet. Lasst uns
ausharren im Vertrauen auf Den, der uns formt und zu dem macht, wozu nur Gott
uns machen kann.
Wirf einen scharfkantigen Felsbrocken ins Wasser. Zunächst
scheint sich nichts zu tun, aber Schritt für Schritt wird er verändert und
verliert seine Schärfe. Bleibt er aber im Wasser, wird das Wasser ihn formen.
Bleibt in mir, und ich in euch! …
Wer in mir bleibt und ich in ihm,
der bringt viel Frucht;
denn getrennt von mir könnt ihr
nichts tun.
(Jesus)
"O Gott! Du siehst meine Tränen! Mußtest du, der du den Menschen arm genug erschufst, ihm auch Brüder zugeben, die ihm das bißchen Armut, das bißchen Vertrauen noch raubten, das er auf dich hat, auf dich, du Allliebender! Denn das Vertrauen zu einer heilenden Wurzel, zu den Tränen des Weinstockes, was ist es als Vertrauen zu dir, daß du in alles, was uns umgibt, Heil- und Linderungskraft gelegt hast, der wir so stündlich bedürfen? Vater, den ich nicht kenne! Vater, der sonst meine ganze Seele füllte und nun sein Angesicht von mir gewendet hat, rufe mich zu dir! Schweige nicht länger! Dein Schweigen wird diese dürstende Seele nicht aufhalten..."
AntwortenLöschenHallo, lieber Schreiber,
AntwortenLöschendiese Zeilen, die Goethe den jungen Werther beten lässt, sind ein Gemisch von Hoffnung und Leid, leider auch von (vielleicht durch Traurigkeit) vernebelter Wahrheit. Denn Gott schuf den Menschen nicht arm, sondern beschenkte ihn mit unermesslichem Reichtum, den der Mensch allerdings nicht zu schätzen wusste und verwirkte. Dadurch ist uns der "Vater, den ich nicht kenne" verloren gegangen. Viele Millionen Menschen sind allerdings zu der Erkenntnis gelangt, dass die Verbindung mit dem Vater wieder hergestellt werden kann - durch Jesus. Auch der junger Werther in Goethes Werk scheint das verstanden zu haben, denn seine Zeilen enden mit den Worten: "Mir ist nur wohl, wo du bist, und vor deinem Angesichte will ich leiden und genießen." Jesus hat die Verbindung mit dem Vater wieder hergestellt. Durch Jesus können und dürfen wir auch im Leiden hier auf der Erde die Gegenwart und Geborgenheit in Gott genießen.