Bei der
Vorbereitung einer Predigt im vergangenen Monat wurde ich beschämt. Beschämt
über meine Herzenshärtigkeit und Gleichgültigkeit der Sünde gegenüber.
Als Gemeinde
waren wir unterwegs im Esrabuch, in den Kapiteln 9+10. Israel war zu Hause
angekommen, hatte die Stätte der Anbetung neu errichtet und sich Gott neu
hingegeben. Aber sie waren noch nicht dort, wo sie
hätten sein sollen. Israel hatte eine schlimme Sünde in ihrer Mitte
akzeptiert: Gläubige hatten Ungläubige geheiratet. Das Volk Gottes hatte sich
mit solchen vermischt, die nicht zum Volk Gottes gehörten.
Esra war
entsetzt! Er fastete, weinte, betete, suchte den Herrn und erhob seine Stimme
zu Gott. Er rief das Volk zur Umkehr auf und forderte, geschehenes Unrecht zu
korrigieren.
Super! Was aber
ist daran beschämend?
Beschämend ist
das Vorbild Esras! Esra war ja nicht über seine eigene
Sünde entsetzt, sondern über die Sünde anderer – genauer: darüber dass Menschen, die sich zum Volk Gottes
zählten, Gott durch ihre Sünde so eine schallende Ohrfeige gaben. Esra war über die Mischehen zwischen Gottesfürchtigen und Nichtgläubigen bestürzt und entsetzt. Und diese Art
des Entsetzens über Sünde, die fehlt mir und mit mir vielen anderen: Das
Entsetzen über die Sünde in der Welt, die vielleicht gar nicht meine
persönliche Sünde ist.
Vielleicht hilft
ein Beispiel uns weiter. Stellen wir uns eine Vorzeigefamilie mit fünf Kindern
vor. Die Eltern haben sich ihr Leben lang rührend um ihre Kinder gekümmert,
alles für sie geopfert und ihre eigenen Interessen hintenan gestellt. Dann
hören 4 der Kinder, wie ein Sohn sich dem Vater im Garten lautstark widersetzt.
Er hatte dem Vater 50 Euro geklaut und war zur Rede gestellt worden. Nachbarn kommen zusammen und beobachten den Ungehorsam
und die Respektlosigkeit des Sohnes. Die andern Kinder kommen dazu u. sehen, wie ihr Bruder
dem Vater schallend eine ins Gesicht haut. Die Geschwister sind entsetzt.
Sie sind entsetzt über die Respektlosigkeit ihres Bruders. Sie sind entsetzt
über den Diebstahl ihres Bruders und über die Unehre, die er über den Vater
gebracht hat. Nicht sie haben den Vater beklaut, geschlagen und
verunehrt, sondern ihr Bruder. Aber der war einer von ihnen.
Vielleicht hilft uns dieses schwache Beispiel, etwas besser
zu verstehen, warum Esra so bestürzt ist und so handelt, wie er es tut. Wir
würden nicht erwarten, dass die Kinder wegschauen und zueinander sagen: „Ach
ja, das muss er selber wissen, was er tut. Ist ja nicht richtig, aber das ist
seine Verantwortung, nicht meine. Da mischen wir uns nicht ein!“ Wir wären
wahrscheinlich entsetzt. Je nach
Alter, je nach Entsetzen würden wir schreien, würden weinen, würden unserem
Vater zu Hilfe kommen.
So war auch Esra
entsetzt. Er weinte. Er raufte sich vor Entsetzen den Bart. Esra war unter
Schock. UND ER BETET!
Möge der Herr
auch Sein Volk heute – möge der Herr Seine Gemeinde ganz neu beschenken mit dem
Entsetzen Esras. Ein Entsetzen – nicht (nur) über die eigene Sünde, sondern
über Sünde im Volk Gottes. Und möge Er uns Esras Reaktion ins Herz brennen,
denn Esra schrie nicht die Sünder an, sondern er schrie in seiner Not zu Gott.
Er raufte nicht den Bart der Übertreter, sondern seinen eigenen. Er bekannte
die Sünde der anderen als seine eigene, stellte sich darunter und trug sie mit.
Aber er trug sie nicht weit: Er trug sie zum Herrn!
Möge das auch
unser Entsetzen und unsere Reaktion sein.
Morgen etwas mehr zum
Thema!
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