„Rette die, die unschuldig zum Tode verurteilt wurden; sieh nicht untätig zu, wie sie sterben.“ (Sprüche 24:11/NLB)

Donnerstag, 21. Juli 2011

Durch Gnade geheilte Augen

"Durch Gnade geheilte Augen“ ist eine Formulierung, die ich seit Jahren im Herzen und im Gebet vor Gott trage. Gelesen habe ich diese Worte zum ersten Mal in Philip Yanceys Buch: „Gnade ist nicht nur eine Wort“ (Neben Swindolls Buch: „Zeit der Gnade“ das Beste, was ich zum Thema gelesen habe!)*

Der Gedanke ist, dass Gott die Armen, Leidenden und Verfolgten liebt – und weil bei Gott niemand unerwünscht ist, sollte es die bei Seinen Kindern genauso sein. Jesus gibt uns das perfekte Vorbild, Menschen durch Augen zu sehen, die „durch Gnade geheilt worden sind“

Yancey geht auch auf andre Personengruppen ein, z.B. Homosexuelle, und stellt uns vor die Frage, wie viel Heilung unsere Augen erfahren haben. Wer nicht oberflächlich liest, wird sich die Frage gefallen lassen müssen: Mit welchen Augen sehe ich meinen Nächsten? Und mit dem Nächsten ist hier nicht mein Ehepartner oder mein bester Freund gemeint, sondern der Nächste, der selbstverschuldet mittellos auf der Straße steht, der Nächste, der zum wiederholten Mal im Knast sitzt oder schon wieder in seine alte Sucht zurückgefallen ist. Und dann gibt es den Nächsten, den wir schon sooooo lange kennen – und der „schon immer so war“ und wohl auch immer so bleiben wird. Nervig! Man weiß schon am Tag, an dem es ihm gut geht, dass er morgen wieder „durchhängt!“ Kurz, es geht um den Nächsten, der unsere Geduld strapaziert, den wir eher aufgeben, verurteilen oder meiden würden. Wie viel Heilung durch Jesu Gnade haben meine Augen empfangen? Wie viel Gnade, Barmherzigkeit hat in meinem Herzen und meinen Einstellungen Fuß fassen können? Ein Schreiber bezeugt:

„Nicht, dass ich je gemein oder kalt gewesen wäre. Ich tendierte einfach dahin, alles in schwarz oder weiß zu sehen – mit wenig Raum für GNADE. So sehr es mich schmerzt, dies zu sagen: Es fiel mir leichter, über Jesu Liebe zu den verletzten Menschen zu reden, als diese Liebe auszuleben.“

Ohne Gottes Eigenschaften, wie seine Gerechtigkeit und Souveränität oder seinen heiligen Zorn auszublenden, gehören Seine Gnade und Seine bedingungslose Liebe sicher zu den Eigenschaften, die Er am meisten in uns entwickeln und sehen möchte. Er möchte unsere Augen durch Seine Gnade heilen und unsere Herzen mit Seiner Liebe füllen.

Die Geschichte von Samuel Colgate, Sohn des Colgate Gründers, beschreibt Augen, die durch Gnade geheilt wurden. Nach einer Evangelisation im 19. Jahrhundert folgte eine Prostituierte dem Aufruf, nach vorne zu kommen. Tief betrübt weinte sie offen, bekannte ihre Sünden, bat Gott um Rettung ihrer Seele und wollte sich der Gemeinde anschließen. „Ich nehme gerne in der hinteren Ecke Platz,“ erklärte sie, aber der Pastor zögerte, ihre Bitte um Aufnahme zur Abstimmung zu bringen. Lähmende Stille – bis dass sich ein Mitglied erhob und den Antrag auf Vertagung stellte. In dem Moment stand Samuel Colgate auf und erklärte mit einem sarkastischen Unterton: „Ich vermute, wir haben uns versprochen, als wir Gott darum baten, Sünder zu retten. Wir haben vergessen, zu erklären, welche Art Sünder wir meinten. Wir sollten Ihn besser bitten, unsere Unaufmerksamkeit zu vergeben. Der Heilige Geist hat das Herz dieser Frau angerührt und hat ihr echte Reue ins Herz geschenkt – aber offensichtlich hat der Herr nicht begriffen, dass sie nicht zu denen gehört, die wir gerettet sehen möchten. Viele der Zuhörer erröteten vor Scham. Sie hatten gerichtet wie der Pharisäer im Tempel, der selbstgerecht betete: "Gott, ich danke dir, dass ich nicht bin wie andere Menschen, Räuber, Ungerechte, Ehebrecher“  Nach einem neuen Antrag wurde die Frau einstimmig in die Gemeinschaft aufgenommen.

* Originaltitel: Yancey: What’s So Amazing about Grace  Swindoll: Grace Awakening

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