Ich möchte beginnen mit der Frage des Psalmisten in Psalm 3:1,
wo David klagt:
„Ach HERR, wie sind meiner Feinde so viel
und erheben sich so viele gegen mich!“
und schließen mit Psalm 144:11:
Reiße mich heraus und errette mich
aus der Hand der Söhne der Fremde,
deren Mund Lügen redet und
deren Rechte eine trügerische Rechte ist.
Es heißt, dass die größte Gruppe der Psalmen die Gruppe der
Klagepsalmen ist. Immer wieder im Buch heißt es: „Warum, Herr? Warum?“ Immer wieder stellen die Psalmisten Fragen betreffs
Krankheit, Not, Tod, Leiden, Armut, Schmerz, Verfolgung und dem Grund für das
Leiden derer, die an Gott glauben. Nicht immer enden diese Gebete mit einer
Antwort Gottes.
Die Gebete der Psalmen sind ehrliche Gebete, die das Herz
der Beters offenbaren. Gebete mit ehrlichen Fragen an Gott, nicht für die Ohren
der Menschen bestimmt, sondern für Gottes Ohren – aber für uns sichtbar
gemacht. Gebete, die sich fast wie Anklagen an Gott anhören, wie z.B. Psalm 119:84
und Psalm 44:24:
„Wie lange soll dein Knecht noch
warten?
Wann willst du Gericht halten über meine Verfolger?“
„Herr, erhebe
dich! Warum schläfst du?
Wache auf und verstoße uns nicht für immer!“
Andere Gebete bringen die ganze Herzensverzweiflung der
Beter zum Ausdruck. So betet David in Psalm 5:11 betreffs seiner Feinde:
„Sprich sie schuldig, o Gott, lass sie
fallen durch ihre Anschläge!
Verstoße sie um ihrer
vielen Übertretungen willen,
denn sie haben sich gegen dich empört!“
Und der Schreiber von Psalm 73:12+13 offenbart Gott die geheimen
Gedanken seines Herzens, wenn er schreibt:
„Siehe, das sind
die Gottlosen; denen geht es immer gut,
und sie werden reich! Ganz umsonst
habe ich mein Herz rein erhalten
und meine Hände in Unschuld gewaschen.“
Das sind manchmal übersehene Gebetsaspekte in den Psalmen. Es
sind Gebete von Menschen wie Du und ich, die zwar auch das Lob Gottes auf ihren
Lippen hatten, aber – vielleicht viel öfter – ihr Herz vor Gott ausschütteten. Und
wenn ich etwas ausschütte, dann kommt alles mit raus: auch die Sorgen, die
Klagen, die Wut, die Anklagen, die Fragen – alles! Aber – weiß Gott nicht
sowieso schon darum?
Ich bin dabei, zu lernen, mit Gott so zu reden, wie mir
zumute ist. Das geschieht dann, wenn ich im stillen Kämmerchen mein Herz vor
Ihm ausschütte. Da braucht es keine heiligen Worte für unheilige Gedanken. Das
lerne ich von den Psalmen. Da braucht es keine Vergeistlichung von
ungeistlichen Regungen. Da braucht es auch keine Scheu, Fragen, Ungeduld oder
Ärger loszuwerden. Gott hat das alles schon längst gesehen, bevor ich es ausgesprochen
habe. Wenn aus meinem Mund etwas anderes hervorkommt als in meinem Herzen drin
ist, dann grenzt das sicher an Heuchelei.
Psalm 62 fordert uns auf, unser Herz vor Gott auszuschütten.
Es heißt in Vers 9:
„Vertraue auf ihn allezeit, o Volk,
schüttet euer Herz vor ihm aus! Gott ist unsere Zuflucht.“
Wenn wir diesen vernachlässigten Gebetszug von den Gebeten
der Psalmisten lernen, dann wird es uns mit Gewissheit auch zu den
Gebetscharakteristika führen, mit denen wir die Psalmen viel öfter verbinden:
Lobpreis und Anbetung.
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