„Herr, ich bitte nicht, dass du mir deine Absicht zeigst, sondern nur, dass du meine Schritte lenkst.“ (David Wilkerson)

Dienstag, 17. Oktober 2017

Gebet im Buch der Psalmen

Hallo? Soll das ein Witz sein? Die Psalmen sind ein einziges Gebetsbuch. 150 Gebete! Haufenweise Lob und herrliche Beschreibungen Gottes. Immer wieder ein „vor-denThron-bringen“ von Anliegen. Auch das Hören auf Gott und sein Reden kommt nicht zu kurz. Wo in dieser kurzen Andacht über „Gebet in den Psalmen“ wollen wir beginnen – oder besser noch: wo wollen wir aufhören?

Ich möchte beginnen mit der Frage des Psalmisten in Psalm 3:1, wo David klagt:

Ach HERR, wie sind meiner Feinde so viel
und erheben sich so viele gegen mich!

und schließen mit Psalm 144:11:

Reiße mich heraus und errette mich
aus der Hand der Söhne der Fremde,
deren Mund Lügen redet und
deren Rechte eine trügerische Rechte ist.

Es heißt, dass die größte Gruppe der Psalmen die Gruppe der Klagepsalmen ist. Immer wieder im Buch heißt es: „Warum, Herr? Warum?“ Immer wieder stellen die Psalmisten Fragen betreffs Krankheit, Not, Tod, Leiden, Armut, Schmerz, Verfolgung und dem Grund für das Leiden derer, die an Gott glauben. Nicht immer enden diese Gebete mit einer Antwort Gottes.

Die Gebete der Psalmen sind ehrliche Gebete, die das Herz der Beters offenbaren. Gebete mit ehrlichen Fragen an Gott, nicht für die Ohren der Menschen bestimmt, sondern für Gottes Ohren – aber für uns sichtbar gemacht. Gebete, die sich fast wie Anklagen an Gott anhören, wie z.B. Psalm 119:84 und Psalm 44:24:

Wie lange soll dein Knecht noch warten?
Wann willst du Gericht halten über meine Verfolger?

Herr, erhebe dich! Warum schläfst du?
Wache auf und verstoße uns nicht für immer!

Andere Gebete bringen die ganze Herzensverzweiflung der Beter zum Ausdruck. So betet David in Psalm 5:11 betreffs seiner Feinde:

Sprich sie schuldig, o Gott, lass sie fallen durch ihre Anschläge!
Verstoße sie um ihrer vielen Übertretungen willen,
denn sie haben sich gegen dich empört!

Und der Schreiber von Psalm 73:12+13 offenbart Gott die geheimen Gedanken seines Herzens, wenn er schreibt:

Siehe, das sind die Gottlosen; denen geht es immer gut,
und sie werden reich! Ganz umsonst habe ich mein Herz rein erhalten
und meine Hände in Unschuld gewaschen.

Das sind manchmal übersehene Gebetsaspekte in den Psalmen. Es sind Gebete von Menschen wie Du und ich, die zwar auch das Lob Gottes auf ihren Lippen hatten, aber – vielleicht viel öfter – ihr Herz vor Gott ausschütteten. Und wenn ich etwas ausschütte, dann kommt alles mit raus: auch die Sorgen, die Klagen, die Wut, die Anklagen, die Fragen – alles! Aber – weiß Gott nicht sowieso schon darum?

Ich bin dabei, zu lernen, mit Gott so zu reden, wie mir zumute ist. Das geschieht dann, wenn ich im stillen Kämmerchen mein Herz vor Ihm ausschütte. Da braucht es keine heiligen Worte für unheilige Gedanken. Das lerne ich von den Psalmen. Da braucht es keine Vergeistlichung von ungeistlichen Regungen. Da braucht es auch keine Scheu, Fragen, Ungeduld oder Ärger loszuwerden. Gott hat das alles schon längst gesehen, bevor ich es ausgesprochen habe. Wenn aus meinem Mund etwas anderes hervorkommt als in meinem Herzen drin ist, dann grenzt das sicher an Heuchelei.

Psalm 62 fordert uns auf, unser Herz vor Gott auszuschütten. Es heißt in Vers 9:

„Vertraue auf ihn allezeit, o Volk,
schüttet euer Herz vor ihm aus! Gott ist unsere Zuflucht.“

Wenn wir diesen vernachlässigten Gebetszug von den Gebeten der Psalmisten lernen, dann wird es uns mit Gewissheit auch zu den Gebetscharakteristika führen, mit denen wir die Psalmen viel öfter verbinden: Lobpreis und Anbetung.

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